Im Blog von Don Dahlmann habe ich am Wochenende einen Eintrag gelesen, den ich so gut fand, dass ich ihn in Zukunft in ausgedruckter Form mit mir herumtragen werde. Denn in „Was machst du da eigentlich?“ beschäftigt sich Dahlmann mit der Frage, wie man Menschen, die nicht so Web-affin sind, erklärt, was zum Teufel man da eigentlich macht in diesem neumodischen Internet.
Je aktiver ich im Web werde – bloggen, twittern, xingen, skypen, facebooken – desto häufiger ich mir auch selbst diese Frage. Und wie schwer es ist, seinen Eltern oder Großeltern das zu erklären, davon wollen wir gar nicht erst reden. Hinzu kommen Gedanken zu meiner eigenen Sicherheit im Internet, die mich gelegentlich einholen. Allen Vorteilen eines guten virtuellen Netzwerks zum Trotz – zum Beispiel hier nachzulesen: Ist es das Selbstmarketing 2.0 wert, dass ich mich im Internet gläsern mache? Falsche Frage! Wie kann ich die Vorteile nutzen und gleichzeitig sicher sein?
Zu diesem Thema lesenswert: Netzwertig.com gibt acht Tipps, wie man sein Image im Netz schützen kann. „Vor sämtlichen Aktionen Gehirn einschalten“ ist nur einer davon.
Bei der ganzen Grübelei fiel mir übrigens eine Szene auf dem Film „Vollidiot“ ein und mit dieser Quasipointe schließe ich für heute:
Tim sagt:
Ist es das Selbstmarketing 2.0 wert, dass ich mich im Internet gläsern mache?
Rational betrachtet gibt es keinen Schutz. Das Internet ist ein Sammelbecken ohne Abfluss. Von mir sind z.B. 15 Jahre alte Usenet-Postings im Netz zu finden und werden wohl nach meinem Ableben in sagen wir mal 40 Jahren noch zu finden sein. Konsistenz der Informationen über und von der eigenen Person kann man nicht über Jahre aufrecht erhalten. Gerade am Anfang der Berufskarriere bzw. persönlichen Findungsphase. Soziologen nennen das Statuspassagen. Einheitliches Auftreten über Statuspassagen hinweg ist kaum machbar.
Carolin Neumann sagt:
Ich glaube, ich will gar nicht wissen, was von meinen alten Postings aus früheren Communities im Internet noch zu finden ist… :-) Mehr als mein Verhalten und die Infos über mich im Netz JETZT zu kontrollieren, kann ich wohl ohnehin nicht tun…
Tim sagt:
Das klingt nach Fatalismus. Gar nicht angesprochen wurde die Datensicherheit. Was nützen feine Funktionen zur selektiven Freigabe von persönlichen Informationen, wenn am Ende die ganze Datenbank eines Social Networks geklaut wird? Oder die Plattform wird verkauft und der neue Eigentümer sieht den Datenschutz lockerer?
Vor sämtlichen Aktionen Gehirn einschalten hörts ich sehr überlegen an, aber ist im Grunde nur ein hilfloses Pfeifen im Walde.
Mirko sagt:
Wenn das Ergebnis ein „ich lass es besser doch sein“ ist, halte ich das nicht unbedingt für hilflos.
Viele next-best-things im Internet werden in Bezug auf ihre Bedeutung gnadenlos überschätzt. Das Internet selbst auch. Meine Theorie ist, dass Internetzugangs-Gebühren nur deswegen so hoch sind, weil die Auslastung des ganze Bullshits an Spam, generierten Seiten, Bots, Web 2.0-Spinnern und anglizistischen Neologismen kompensiert werden muss.
Selbstkritik muss sein. Aber das Internet ist ein sehr, sehr junges öffentliches Medium, womit einmal technische Entwicklungen (irgendwann versteht das Medium auch was es tut, Stichwort: Semantik) und menschliche Entwicklungen (Umgang und Wahrnehmung) noch vor uns liegen. Jedenfalls sobald eine Marktsättigung in Sachen P0rn einsetzt. *hope*
Carolin Neumann sagt:
Wenn die Alternative die Rückkehr zum Internetlosen Zeitalter ist, dann nennen Sie mich gerne fatalistisch. Mehr als vorsichtig mit meinen Daten umgehen, mir Paybackkarten etc. sparen, verschiedene Passwörter und E-Mailadressen benutzen und Fotos von der letzten Party, auf der ich richtig betrunken war, NICHT online stellen kann ich nicht tun. Ich nutze zum Beispiel für verschiedene Suchfelder manchmal verschiedene Suchmaschinen, damit Google nicht alle meine Daten sammeln kann. Aber das, was ich vielleicht in meiner weniger vorsichtigen Online-Zeit verbreitet habe, kann ich doch nicht mehr rückgängig machen. Die Konsequenz kann nicht sein, sich deswegen gänzlich zurückzunehmen auf diesem wundervollen Spielplatz Internet!
Carolin Neumann sagt:
P.S.: Wenn Sie einen Weg kennen, wie ich meine Alt-Spuren aus dem Internet entfernen kann, dann her damit ;-)
Mirko sagt:
Der Spielplatz triffts. Nicht weniger und selten mehr.
Thema Alt-Spuren: Admins anschreiben ist wohl die einzige Möglichkeit, sollte der eigene Zugang keine Löschung zulassen. Ich kann mir vorstellen, dass man damit guten Erfolg haben kann, Admins sind ja auch nur Menschen.
Tim sagt:
Junges Medium. Die Entwicklung ist nicht absehbar. Ich stelle mir in meinen bösen Träumen sowas wie Suchfunktionen mit Gesichtserkennung und alles auf dem Handy vor. Ein unbemerkter Schnappschuss mit dem iPhone und google sucht innerhalb einer Minute alles über diese Person raus. Wobei die Suche natürlich auch besser/genauer/individueller wird. Also: Singles auf Pirsch erhalten andere Ergebnisse, wie der Nachbar am Fenster.
Ich würde dazu raten, persönliche Informationen nur dann ins Netz zu stellen, wenn es unbedingt sein muss – also der Nutzen evident ist. Nur so zum Netzwerken und Spass nicht. Dazu zählt auch das Bloggen unter „Real Name“.
Carolin Neumann sagt:
Sagte der Admin. Lol.
Carolin Neumann sagt:
1. Bin ich als Betreiberin einer Website wie dieser dazu verpflichtet, meinen Klarnamen und Adressdaten anzugeben.
2. Ist es für eine Online-Journalistin wohl schwer möglich, den Namen aus dem Internet rauszuhalten.
3. Wo differenzieren Sie zwischen Netzwerken und Spaß? Ich empfehle, den im Artikel genannten Blogeintrag von Don Dahlmann mal zu lesen, da wird ziemlich gut beschrieben, wieso es für online tätige Journalisten wichtig ist, zu bloggen oder zu twittern und insgesamt im Web präsent zu sein.
und 4. kenne ich die Horrorszenarien, die Sie beschreiben, selbst nur zu gut. Ich gehöre keinesfalls zu der Gruppe Fatalisten, die Google unwissend ihre sämtlichen Daten anvertrauen, ohne zu ahnen, was in der Zukunft – wenn die Technologie soweit ist – damit alles möglich ist. Ich sage nur Google Health.
Tim sagt:
Differenzieren. Was für online-Journalisten unabdingbar erscheint, muss für andere kein Vorbild sein. Ich sehe ein Problem darin, dass Rolemodels des digitalen Lifestyles bzw. der „Netcitizens“ Leute sind, die im Internet ihre Geld verdienen. Online-Schreiber, Webdesigner, Webevangelisten, usw. Noch sind die üblichen beruflichen Karrieren andere.
Mal ein fiktives Beispiel: Angenommen, sie wollen in 10 Jahren für ein politisches Mandat kandidieren. Der Mitbewerber wird begeistert ihre Online-Aktivitäten nach Argumenten durchsuchen. Da hilft es auch nicht, zu sagen „Online-Journalisten müssen sich im Netz entblössen“.
Klingt vielleicht harscher, als ich das meine. Grundsätzlich bin ich web2.0-affin und positiv dem neuen Interaktionsmöglichkeiten gegenüber eingestellt. Nur sollte man die rosarote Brille auch mal absetzen. Sie scheinen das immerhin zu können.
Zum Impressum: Kennen sie eine Privatperson, die wegen fehlender bzw. unvollständiger Anbieterkennzeichnung belangt wurde? Noch kann man zumindest privat unter Pseudonym bloggen.
Carolin Neumann sagt:
Ich verstehe schon, was Sie meinen. Zum Glück gedenke ich in meinem Leben nicht für ein politisches Amt zu kandidieren. :-) Und ich kann sehr wohl differenzieren. Wenn ich mir die digitalen Spuren anschaue, die manche Freunde von mir hinterlassen, erschrecke ich mich regelmäßig. Scheinbar braucht es einen noch größeren Daten-Gau als Telekom-, Lidl- oder Bahnbespitzelung, damit die Leute aufwachen. Aber gut, ich maße mich auch nicht an, sie zu erziehen. Nur einen Schubs in die richtige Richtung wollte ich mit meinem Blogeintrag geben.
Zum letzten Absatz: Da ich ja möchte, dass die bloggende Carolin Neumann und die Journalistin Carolin Neumann als ein- und dieselbe Person wahrgenommen werden, ist das in meinem Fall irrelevant. Aber bei anderen Bloggern kann ich es durchaus nachvollziehen – und übrigens auch gutheißen -, wenn Namen ausgespart werden.
Mirko sagt:
Dass die Entwicklung des Netzes nicht abzusehen ist, halte ich für nicht ganz richtig. Natürlich geschieht „hier“ vieles wesentlich schneller als sonstwo, da die Komm-Wege deutlich kürzer sind, allerdings lassen sich auch gerade deswegen Trends relativ gut absehen.
Niemand kann beispielsweise von sich sagen, er hätte nicht gewusst, was Google Chrome da auf seinem Computer veranstaltet (na gut, vermutlich werden das trotzdem einige sagen. Aber die halten George Bush vielleicht auch für den Frontmann einer Rockband).
Was entgegen der ganzen Überwachungsparanoia, die wir u.U. den bösen großen Konzernen zu verdanken haben, immer wieder zu spüren ist, ist eine Bewegung in die Richtung, bewusst und transparent das öffentliche Medium (ich sags nochmal gerne: öffentlich) Internet zur besseren Kommunikation und letztlich zur Verbesserung der Lebensqualität zu nutzen. Stichworte Open Source Software, Wikipedia, Usability, Semantisches Web u.m.
Ob übrigens Schlammschlachten in Bezug auf Rufmord durch das Internet vereinfacht werden, ist durchaus denkbar. Aber wie ist es mit dem umgekehrten Fall: eine schon sehr früh im Internet (positiv) populäre Person macht sich an, ein öffentliches Amt zu bekleiden. Hat das dynamische, „soziale“ Internet, an dem Lieschen Müller partizipiert, nicht ggf. sogar eine höhere Glaubwürdigkeit als jeder Wahlwerbespot?
Ich behaupte, sich im Internet korrekt zu verhalten ist gar nicht soo schwer. Aber man muss es lernen, und die Trial-and-Error-Phase besser überspringen.
Carolin Neumann sagt:
Die Trial-and-Error-Phase zu überspringen wird der jüngeren Generation (noch jünger als du und ich, Mirko) besser gelingen, weil sie im Gegensatz zu uns wirklich komplett mit dem Web aufgewachsen sind. Als ich meine ersten zaghaften Schritte in der merkwürdigen Community „uboot“ unternommen habe, hab ich lustig vor mich hin geschrieben, Fotos gepostet, alles ohne Hemmungen. Weil ich es nicht besser wusste.
Das wiederum bedeutet komplett neue Ansprüche an die Kindererziehung heute. Aber das würde jetzt zu weit führen.
P.S.: Wer weiß, was George W. Bush jetzt machen wird. Vielleicht versucht er sich ja wirklich als Rockstar ;-)